Jürgen Bauer

Webseite: http://www.juergenbauer.net Ordentliches Mitglied seit 2021

Artist Statement

Unique Multiples | Text: Esther Mlenek | Jürgen Bauer vermengt in seinem Werk formale Strenge mit künstlerischem Witz, um ein wandelbares Abbild der Neugier in vielerlei Hinsicht zu erstellen. Seit 2018 re-strukturiert der Künstler in Papierarbeiten, Installationen und Interventionen im öffentlichen Raum bestehende Elemente und formale Bedingungen des Hauses zu neuen geometrischen Formen. Jeder Aspekt ist dabei sorgfältig orchestriert und unterliegt einem strengen Organisationsprozess. Die Formen fungieren dabei in erster Linie als „Grundbilder“, denn sie veranschaulichen primäre Raumerfahrungen und die unserer Kultur inhärente archaische Symbolfunktion. Im spielerischen Umgang mit dem Volumen als Körper, etwa in der Ausstellungsinstallation House Object (1W-1B) im Bildraum 07 in Wien oder in der für seine Heimatstadt Schwaz in Tirol entworfenen, multifunktionalen und interaktiven Skulptur House Deconstruction 55/4, verknüpft Bauer das Konkrete mit der Lust an der Inszenierung, der Interaktion und der Imagination. In seinen Installationen ermöglicht der Künstler das Betrachten aus mehreren Perspektiven und untersucht zugleich, wie einfache Eingriffe die Interpretation der Form beeinflussen können. Bauer legt seine skulpturalen Werke als direkt erfahrbar an – durch das Abschreiten der Dimensionen oder als aktives, eigenes „Bauvorhaben“ – und rührt so an den inneren Bildern und Symbolbildungen der Rezipient:innen, denn Raum, Form und Psyche sind eng miteinander verbunden. Das Haus ist in diesem Sinne mehr als nur ein Ort. So kann die Fassade Persönlichkeitsmerkmale repräsentieren, die anderen gerne gezeigt werden, während sich im Innenraum aber vielleicht gänzlich andere mentale und emotionale Prozesse abspielen. Das Haus wird zum Symbol des eigenen Selbst. Neben dieser intimen Aufladung dient das Haus bei Jürgen Bauer einer phänomenologischen Untersuchung sozial-ökonomischer Werte. Gerade in ländlichen Gebieten nimmt es seit jeher einen zentralen Stellenwert ein, ist ein in der nationalen Psyche tief verwurzeltes Symbol für die Erreichung eines gesellschaftlichen Status – kurzum, es ist nicht nur „the American“, sondern durchaus auch „the Austrian Dream“. Das Haus ist Keimzelle, Sinnbild für Abstammung, Familie und Schutz. Doch ist dieses „Zuhause“ immer auch ein Ort, an dem Dinge schiefgehen können. Abseits jener Werke, welche Jürgen Bauer entlang geltender, geometrischer und physikalischer Parameter getreu dem Realitätsprinzip formiert, führt der Künstler immer wieder Irritationen ins Feld: Insbesondere in seinen Arbeiten auf Papier lassen sich perspektivische Verschiebungen erkennen und einige Häuser wirken, als hätte sie eine unsichtbare Kraft aus ihren Verankerungen gerissen, durcheinandergewirbelt oder auf den Kopf gestellt. Auch in seinen Raumobjekten und Installationen, welche nach einer gewissen Ausstellungsdauer wieder abgetragen und zerstückelt werden, lässt sich die Aufhebung der symbolischen Gleichsetzung des Hauses mit dem Vertrauten, Tröstlichen und Beständigen erkennen. Gleich Christopher Nolans Inception falten sich bei Bauer entlang gekippter Horizonte neue Dimensionen auf, die unser Unbewusstes berühren und dazu animieren, die Umwelt sowie uns selbst aus neuen Blickwinkeln zu betrachten. So ist auch die jahrelange, exzessive Abarbeitung an einem Motiv zu verstehen. Dahinter verbirgt sich ein strategischer Coup des Künstlers, mithilfe dessen er das Haus in ein Feld realer, menschlicher Handlungen zerfallen lässt: Die Repetition beinhaltet eine Anspielung auf die Wiederholung der immer gleichen Fehler, der Starrheit innerhalb des gesellschaftlichen Systems. Die grob fahrlässige Zerstörung unserer Welt, etwa durch Bodenversiegelung und eine stetig voranschreitende Zersiedelung, ist ebenso Thema wie die damit verbundene, zwanghafte Sehnsucht nach einer Rückkehr zu einer Normalität, welche es vielleicht nie gab. Jürgen Bauer gibt den Rezipient:innen seiner Kunst die Aufgabe, zwischen Fakt und Illusion zu unterscheiden – und die eigene Position neu zu wählen. Dies erreicht der Künstler, indem er selbst beharrlich das Verständnis tief verwurzelter, sozialer Konventionen infrage stellt.
Profilbild

Galerie

Bild
Bild
Bild
Bild
Bild
Bild
Bild
Bild
Bild

Weitere Angaben

Ausstellungsliste (PDF)

  öffnen